Das Lagerfeuer

"Ihr sucht nach jemanden? Hier?" Sie schaute von einem zum nächsten.
"Ein Freund von Euch?"

Ihre Augen schweiften von ihm zu seinem Behälter. "Eine Kreuzotter? Ist die denn zahm? Ich sehe so selten Menschen mit gifitgen Tieren. Aber hübsch sind sie. Ich habe lange keine gesehen - und da hielt mich meine Mutter zurück. Wahrscheinlich zu meinem Glück. Wie lange begleitet sie Euch schon?", fragte sie immer neugieriger werdend.

"Nein, ich suche nicht nach einem meiner Freunde. Meine freunde sind hier überall. Dieser Baum dort, oder auch die Pilze oder die Steine. Ich bin auf der Suche nach einem Feind. Und nein, er ist nicht unter euch."

Erfreut darüber, dass jemand Interese an seinem Lebensstil zeigt, öffnete er den großen Ledersack und griff hinein. Vorsichtig hob er die Kreuzotter herus und legte sie auf seinen Schoß.

"Ja sie ist zahm, allerdings nur mir gegenüber. Fremden ist sie eher unfreundlich gesonnen, aber sie meint es nicht böse. Ihr Name ist Ham'aran."

Die Schlange auf seinem Schoß züngelte und er setzte sich etwas weiter zum Feuer, damit sie es wärmer hatte.

"Ihr... Ihr empfindet diese ebenso als Freunde? Wahrlich?" Begeistert klatschte sie in die Hände.

Kaum hatte er sein Tierchen auf dem Schoß platziert, legte sich die Elfe im sicheren Abstand auf den Bauch, blickte es neugierig und voller Interesse an. "Sooo hübsch! So richtig hübsch! Wie kamt Ihr zu diesem hübschen Wesen?"

"Eine Otter?... Ist das nicht teils auch gefährlich?"

Ísólfur konnte nicht nachvollziehen, wie man sein Herz so sehr an Tiere hängen konnte. Fürihn waren sie höchstens Mittel zum Zweck.

"Gefährlich? Nein.. sie kam, als ich im Gebet vertieft war, und wich mir seit dem nicht mehr von der Seite.

Die Schlange versuhte nun zu Cythi zu kriechen, und züngelte aufgeregt, allerdings wurde sie schon nach wenigen Zentimetern von Varulf zurückgehalten.

"Bleib lieber hier meine Hübsche.. du weist, wie das endet. Und der Mann dort hält dich für gefährlich, was du auch sein kannst... das weist du, also bleib lieber bei mir."

"Lasst sie ruhig zu mir. Sie sind für gewöhnlich harmlos, wenn man sich nicht hektisch bewegt. Kaum Ein kleines Tier schadet, wenn man keine schnellen Bewegungen macht. Hörte ich. Und wenn sie mich beißen sollte, dann... dann hat die Natur es so vorgesehen, nicht wahr?"

"Verzeiht, aber ich will lieber kein Risiko eingehen. Sie soll euch nicht beißen, das ist schon im letzten Dorf passiert, und sie wurde fast getötet... ausserdem ist sie ohnehin gereizt, weil sie noch nicht gefressen hat.
Ich denke in der Morgendämmerung werden wir jagen gehen, nicht wahr meine Kleine?"

Er legte die Schlange nun wieder an den Rand des Beutels, der neben ihm lag und er sah zum Mond und den wenigen Wolken hinauf, der durch die Baumwipfel erkennen konnte.

"Noch nichts gefressen? Oh, die arme Kleine. Aber hier sind viele Mäuse. Man muss nur schnell genug graben - oder die entsprechenden Tunnel finden. Nein, dann will ich sie auch nicht reizen. Aber sie ist wahrlich hübsch. Und so selten geworden.

Erzählt doch etwas mehr von Euch. Und über die Person, die Ihr sucht.", forderte sie ihn auf.

"Über mich?... Über mich gibt es nicht viel zu wissen. Ich bin das, was die Gesellschaft als "Druide" bezeichnet, wie ich diese Bezeichnung hasse...
Meine Heimat ist die Wildnis, mein Heim ist die unberührte Natur. Und diese versuche ich auch mit allen Mitteln zu schützen.

Derjenige den ich suche, ist der Feind aller Natur. Schlimmer als jedes Monster. Plagenbringer nennen wir ihn, Zerstörer der Wildnis, Henker der Pflanzen.
Diese blinde Zerstörung muss aufhören, und ich werde ihn dafür bestrafen, was er der Natur angetan hat... wenn ich ihn finden kann."

Varulf schien bei dem Gerede über den Plagenbringer immer gereizter, wie ein Sturm in einer Sommernacht, der schnell aufpeitscht, aber genauso schnell wieder abflaut.

Sie wirkte mehr als verwirrt. Hatte sie je von solch einer Kreatur gehört? Sie konnte sich nicht erinnern.

"Vergebt mir meine Neugierde." Sie wusste selbst, dass ihre Fragen - zumindest Zwerge - zur Weißglut bringen konnte. Zumindest wenn es darum ging, woher die kleinen Zwerge kamen.

"Sagt, von welchem Plagegeist sprecht Ihr?"

"Slivorr Bragon... " er spie den Namen aus wie etwas giftiges, dass auf seiner Zunge brannte.

"Ein Mann wie ich... nur mit anderen Ansichten. Er war früher Druide wie ich, doch er hat sich von der Natur abgewandt, und nun ist sein einziges Ziel diese zu vernichten... und ich werde ihn davon abhalten."

"Die Natur? Zerstörend?", wiederholte sie wie ein Kleinkind.
"Aber, dass ist doch reiner Wahnsinn! Wenn die Natur zerstört ist, dann überlebt nichts. Nichts!
Zu welchem Zweck oder wessen Gut sollte dieses nur dienbar sein?", fragte sie verstört.

" Vielleicht hat er einfach Spaß daran, andere Geschöpfe leiden zu sehen. Sowas gibt es leider auch ab und an." warf der Halbelf nach einer längeren Pause ein.
" Doch zum Glück gibt es mindestens genauso viele Helden, die alles und jeden beschützen wollen am liebsten noch vor sich selbst." sagte Helsing ein wenig spöttisch.

"Sowie es viele gibt, die nur an sich selbst denken. Auch in offensichtlicher Not.", kommentierte Cythi Helsings Worte. "Der Gutsherr, der sich am Essen tot isst, während seine Untergebenen verhungern."

"Sowas gibt es überall... doch sie alle werden bekommen, was sie verdienen." murmelte er, während er weiter ins Feuer starrt, und seine Finger wieder nach seiner Flasche kriechen... langsam aber beständig in Richtung des Korkens.

"Bei manchen muss man nachhelfen, bei manchen ereilt das Schicksal sie schneller, als sie denken..."

Cythi schüttelte den Kopf. "So nicht einer alleine das Schicksal aller bestimmt, ist dieses das Gleichgewicht, das gefordert wird. Jeder hat Vorteile, jeder hat Nachteile. Der Hase muss seine Vorteile einsehen und einsetzen, um vor den Raubtieren zu entkommen. Denn wenn er sich den Reißzähnen ergibt, wird sein Überleben nicht möglich.
Doch die Natur richtet alles ein. Nicht für den Einzelnen, aber für das gemeinsame Gut."
Sie blickte Ísólfur beinahe streng an. "Nachhelfen sollte man möglichst zu vermeiden versuchen - ein leichter Anstubs ist nicht verkehrt, doch sollte man nicht den Schaden unterschätzen, den man leisten kann, wenn man sich zu sehr einmischt."

"Was immer ihr sagt Elfe." er lächelte sie übertrieben glücklich an und starrte dann weiter nachdenklich ins Feuer.
Diese Elfe hatte noch nicht genug von der Welt gesehen. Er gab ihr ein halbes Jahr in der normalen Zivilisation, und sie würde nicht mehr von Gleichgewicht und Balance der Natur reden. Aber das würde sie irgendwann früher oder später, und er hoffte inständig für sie, dass es später wäre, lernen. Sie würde verstehen, was er meinte.

Wirklich recht gab er ihr nicht. Aber das war sie gewohnt und nahm sie ihm nicht übel. Sie selbst trauerte um persönliche Ungerechtigkeiten, doch distanzierte sie es von der Natur. Schließlich bin ich selber eine und somit ein Teil des Gleichgewichts, wenn ich mich für eine Seite einsetze.

Sie begnügte sich damit, sein Lächeln, weniger übertrieben, jedoch bedrückten zu erwiedern.

"Nun... ich vermute eher, dass er einen Schicksalsschlag durch die Natur erlitten hat, den er nicht verkraftete. Allerdings weiß ich zu wenig über ihn, um dessen sicher zu sein. Was auch immer ihn dazu treibt, er muss aufgehalten werden, und ich werde dafür Sorge tragen."

Varulf strich sanft über das Gras und schaute verträumt zum Mond hinauf.

" Das heißt Ihr wollt jmd aufhalten dessen Beweggründe Ihr nicht kennt, geschweige den versteht? Ist dies nicht ein wenig voreingenommen- Wer weiß zu welchem Wohl er all das Übel begangen hat."
Der Halbelf musterte den Druiden gründlich.

Was Helsing da sagte, widersprach allem, was ihr begebracht worden war, ganz zu schweigen davon, wovon sie überzeugt war - und dennoch...
"So ungerne das sagen möchte, aber Unrecht hat Helsing damit nicht.

So Ihr ihn findet, wäre es nur gerecht, wenn Ihr ihn erst fragt, was ihn dazu bewegt - und versucht, ihn zu bekehren. Die wenigsten handeln in einem Extrem ohne Grund."

"Ihr findet es also sinvoll, jemanden, der hunderte andere in Gefahr bringt, Hektarweise Wald verbrennt, Wasser vergiftet und Tiere am laufenden Band abschlachtet, zu fragen warum er das tut? Egal was für einen tragischen Grund er dafür hat, dass darf nicht sein. Es darf niemand durch das Leid anderer in Gefahr gebracht werden, und die heilige Natur, die Tochter der Erdenmutter selbst, zerstört wird."

Damit endete er, und er war sich sicher, dass er im Recht war. Wie konnte man jemanden für unschuldig erklären, nur weil er es nicht verstand, mit seinem Schicksal fertig zu werden. Und für seine Taten gab es keine Entschuldigung...

"Ihr habt mich falsch verstanden, Varnulf. Denke ich zumindest. Versucht Euch vorzustellen, was Euch dazu bewegen zu können, so zu handeln wie Euer Feind. Und solltet Ihr keinen Grund außer Besessenheit oder Schwachsinn dafür kennen, so ist es wichtig zu sehen, was geschehen ist. Wie und warum es so weit kommen konnte.

Denn erst, wenn Ihr diesen Grund kennt, werdet Ihr entweder ein Blutbad zu verhindern wissen, oder wissen, wie es passieren konnte - um es später vielleicht abwenden zu können, wenn so etwas noch einmal passieren sollte."

"Wie auch immer, Elfe. Ich werde die Natur beschützen, koste es was es wolle."

Varulf legte sich nun flach auf das feuchte Gras. Sein Blick wanderte zu den Sternen und Ham'aran legte sich auf seinen Brustkorb, wo sie sich einrollte und die anderen am Feuer im Auge behielt.

Cythi war immer noch entzückt von der kleinen Schlange. Und durchaus in Versuchung, sie anzutippen.
"Wisst Ihr, ich habe auch zwei kleine Freunde. Frettchen. Béorn und Môrna heißen sie. Aber sie hören leider nicht auf mein Wort..."