Das Lagerfeuer

"Bedient Euch! Es ist reichlich für alle da.", rief Cythi aus.

Und tatsächlich. Ein riesiges Schwein prangte am Spieß, das über einem kleineren Feuer briet und stehts gedreht wurde. Kartoffeln lagen in der Glut und garten vor sich hin. Am Rande lagen auf Stoffen Schalen mit unterschiedlichem Gemüse, warmen Suppen, Wurzeln und mehrere Krüge mit mannigfaltigen Getränken gefüllt da: Wasser, Met, Säfte, ja, sogar Kräutertee und ein Fass mit Bier befanden sich da.

Die Lichtung ward durch das Feuer hell erfüllt. So standen Barden am Rande und gaben fröhliche Musik zum Besten.

Leise nähert sich ein kleiner Mann dem Feuer. Argwöhnisch beäugt er die dargebotenen Speisen, schüttelt den Kopf und lässt ein Geräusch der Abscheu von sich. Er greift in einen der vielen Beutel an seiner breiten Schärpe, fördert zwei Blätter zu Tage, steckt sich diese bedächtig in den Mund und beginnt zu kauen.
In einer fließenden Bewegung setzt er sich ans Feuer.
Abenteuerlich, exotisch schaut er aus, die Haut im flackern des Feuers erscheint schwarz wie die Nacht. Im Kontrast hierzu stehen die blenden weißen Zähne, und eine Maske, schneeweiß, die eine Hälfte des Gesichts bedeckt. Der andere, sichtbare Teil ist, gleich dem freien Oberkörper, von Narben entstellt, vielen Narben, wie von Dolchen und Messern herbeigeführt.
Eine breite dunkelrote Schärpe mit etlichen meist prall gefüllten Beuteln hält die dunkle, weite Stoffhose zusammen. Die Füße stecken in hellbraunen Lederstiefeln.
Er streicht sich über den kahlen, ebenfalls vernarbten Schädel, greift hinter den Rücken und entledigt sich eines Gurtes, in dem mehrere kleine Dolche stecken. Dann zieht er zwei lange, krumme Dolche mit hässlich ausschauenden Zacken auf der Rückseite aus der Schärpe und rammt sie neben sich in den Boden.
Aufmerksam mustert er die Umgebung.

Die Augen weitend mustert Cythi die Entstellung einer Zivilisation. WAS ist das?? Der Mann wirkt auf sie, als hätte er sich mit den Göttern persönlich angelegt. Nur ob er gewonnen oder verloren hat, weiß sie nicht zu urteilen.

Umsichtig schreitet sie auf den Mann zu, ungewollt eine sichere Distanz haltend. "Seid mir gegrüßt..." Ist das ein Mensch? Elfen sehen für gewöhnlich nicht so aus... "... werter Mann. Ihr... seid wohl weit hergereist? Habt Ihr.. habt Ihr Hunger? Oder gar Durst?" Unsicher wippt sie von einem Fuß auf den anderen.

Schnell erhob er sich, verbeugte sich tief vor der Elfe, richtete sich wieder auf und fixierte das nervöse Spitzohr.

Mit von langem Schweigen rauher Stimme richtet er das Wort an sie: "Weit her, ja. Nix Hunger, Nix Durst! Nix essen Euer wiederlich Essen!"

Er lässt sich wieder nieder, kaut noch ein paarmal auf seinen Blättern, spuckt diese in breiiger Form über die Schulter und nimmt sich zwei neue aus dem Beutel.

"Kann... kann ich vielleicht... also Euch... etwas anderes anbieten?"
Sie überlegte sichtlich, bevor sie ergeben mit den Schultern zuckte.

"Vielleicht ein paar warme Baumwolldecken? Oder etwas Wasser, dass Ihr Euch erfrischen könnt?"

Was sind das nur für Blätter?

Er schüttelte nur den Kopf

"Nix brauchen, dienen Gott mit Fasten, Schweigen, Kämpfen. Sein auf Suche nach Abenteuer und Kampf!"

Tatsächlich sah der vernarbte Körper nicht nach sonderlich viel Nahrung aus, zwar war er eindeutig kräftig und Sehnig, doch auch ausgemergelt, die Rippen sichtbar und die Wangen eingefallen. Die Augen lagen tief in den Höhlen, mochte es nun an den berauschenden Blättern oder am Nahrungsenzug liegen.

"Wem dienst Du?", fragte sie gerade heraus und beschloss, sich ihm etwas aus nähern, ans Feuer zu ihm zu setzen, um ihn aus einem letztendlich entsprechenden Abstand besser zu mustern.

"Für wen kämpfst Du?" Sie mochte keine Kämpfe. Alle bezeichneten es als ein notwendiges Übel. Sie hätte gut ohne dieses Übel leben können und machte auch keinen Hehl daraus, wie sie dazu stand.

"Rukhna, großer Gott Rukhna! Mächtig er ist! Gepriesen er sei! Die Ungläubigen er vernichtet!"
Ekstasisch warf er seinen Oberkörper vor und zurück, wurde immer lauter.
Er verfiel in einen Singsang einer fremdländischen Sprache, sang eine geraume Zeit ein eintöniges, berdrohliches Lied, schlug sich dabei immer wieder mit der Faust auf den Oberkörper, dumpfes Hämmern erzeugend.

Ungläubig oder nicht. Die Natur bekommt sie letztendlich alle, um sie wieder zur Erde zu machen. Unweigerlich musste sie die Nase rümpfen. Religionen schienen in den Händen von Fanatikern alle gleich. Sie diente, um zu verletzen, die nicht deren Meinung waren. Was hat ihn zu diesem Glauben derart bewegt?

"Was will Rukhna?", fragte sie leise.

Äste knackten laut und berstend, bevor eine kleine Figur hinausschoss.

Sie hatte aschblonde Haare, eine knollnase und hätte für ein kleines Kind gehalten werden können. Jedoch waren die Hände und die Augen die, eines Erwachsenen.
Quirlig rief sie "Hallo!". Dann rannte sie zu Cythi hin, schüttelte kräftig ihre Hand. Direkt danach zu dem ihr Unbekannten und versuchte es ebenso.
"Ohhhhhh! Sooooo viele Zeichnungen auf dem Körper. Aber die sehen nicht lustig aus! Ich bin übrigens Corikyn! Und wir werden sicherlich die beeeesten Freunde!" Sie grinste, wie nach einem großen Brot mit einem Topf Schmalz.

"Schweigen und Blut! Rukhna sein mächtig!"

Er verschränkte die Arme als das kleine etwas zu ihm gewuselt kam, abwehrend seine Haltung, sein Blick, kalt wie Eis.
Eine Abnormität, in seiner Heimat wohl längst Futter für die Geier, die Elfe schon längst in irgendeinem Harem oder auch tot. Er verabscheute Andersartige. Er tötete Andersartige.
Doch er konnte nicht wissen, wie die Sitten hier waren, und ob er die Abnormen noch benötigte.
So beschränkte er sich darauf, sie mit Blicken zu erdolchen. Unbewusst wanderte eine Hand aus der Verschränkung und legte sich auf den Knauf eines der langen Dolche.

Ihre Augen folgen seinen Händen, ruhen kurzzeitig auf der Waffe. Kurzzeitig reflektiert er Missbilligung. Sie macht keinen Hehl daraus, was sie von Waffen hält.

"Blut", antwortet sie gemächlich und wiegt jedes Wort, "werdet Ihr hier nicht finden. Dieser Ort herbergt Personen unter meinem Schutze. Und wer seine Waffe aus Unstimmigkeiten zu erst ziehen sollte, jener soll wissen, dass es sich auch ohne Waffenarm weiterzuleben vermag.

Der einzelne mag stärker sein, doch an diesem heiligen Ort, im Scheine dieses Lagerfeuers, da wacht die Natur. Über jeden."

Ísólfur war schon sehr lange unterwegs gewesen. Sein Mantel und seine Stiefel waren vom Staub des Weges verschmutzt, und sein Schwert, zusammen mit seinem wenigen Schmuck das einzig wertvolle das er besaß, hing schief am Gürtel. Die Scheide war voller Matsch, und der ein oder andere Fleck auf seinem Mantel konnte getrocknetes Blut sein. Von weitem schon sah er den Schein eines Feuers, und ging darauf zu.

"Seid gegrüßt. Ich sehe vielleicht nicht so aus, aber ich komme in friedlicher Absicht. Darf ich mich eine Weile zu euch setzen, und mich wärmen?"

Seine Stimme war tief und viele der Mädchen im letzten Dorf fanden sie sinnlich. Trotz seines sonst relativ gepflegten Äußeren ging ein starker Geruch von heftigem Alkohol von ihm aus... dieses schreckliche Laster.

Cythi, noch unterkühlt von dem Gespräch mit dem Fanatiker, wendete sich der neuen Stimme zu. Und glaubte erst, sie sähe einen verletzten Waldschrat. Erst auf zweiten Blick erkannte sie den Mann und rang sich ein Lächeln ab.

"Freund, Ihr seht friedlicher aus, als die meisten Gestalten, die man derzeit in dieser Gegend erblickt." Etwas ihr Vertrautes haftete ihm an. Aus irgendeinem Grund musste sie an die Zwerge in der damaligen Taverne denken, in der sie Alkohol ausschenkte.

"Ihr seid hier herzlich willkommen, so Eure friedlichen Absichten wahr sind. Bedient Euch. Es ist reichlich Essen und trinken für alle da..." Eine Erinnerung schoss ihren Gedanken hoch. Trinken...
"Jedoch ist lediglich Wein und Wasser hier zum Trinken zu finden.", murmelte sie anschließend.

"Danke, ich... äh... ich habe selber etwas mit..."

Er schien starke Kopfschmerzen zu haben, und seine Hände zitterten sehr stark, als er nach der kleinen Feldflasche anseinem Gürtel griff. Nachdem er sie öffnete warf er sie neben sich auf den Boden...sie war leer.

"Ich befürchte, ich muss euer Angebot wohl doch annehmen... danke. Aber Wasser reicht wahrscheinlich... ach was solls, ich trink auch Wein.
Mein Name ist Ísólfur." Er lächelte verlegen und fuhr sich durch die schulterlangen blonden Haare.
"Darf ich euren Namen erfahren, Elfe?"

"Wein also? Gerne!" Sie brachte eine Karaffe und einen hölzernen Becher, schenkte ein. "Ich hoffe, Ihr mögt lieblichen Wein...", fuhr sie fort, während sie ihm das Getränk, süß wie Nektar selbst, reichte.

"Cythi nennt man mich. Oder Onyxflügel, wenn Euch die Aussprache Schwierigkeiten bereitet. Eure Stiefel erzählen ihre eigene Geschichte. Seid Ihr von weit hergereist?"

"Danke..." murmelte er während er sich ans Feuer setzte und den anderen Gestalten argwöhnisch zunickte.

"Onyxflügel... nun gut, das scheint bei euch Elfen Brauch zu sein, solch aussergewöhliche Namen zu geben. Ihr seid doch Elfe oder?"

Gierig trank er den Becher auf einem Zug aus. Der Wein schmeckte wahrlich stark süß, und er schmeckte Ísólfur nicht sonderlich, doch es war besser als keinen Alkohol zu haben...

Cythi maß seine Euphorie am Wein falsch und war sichtlich erfreut, endlich jemanden zu finden, der den Kelch nicht neben Duathrel nach ihr schmiss, so er den Wein probierte.

"Ja... ja, das bin ich. Ich komme aus einer weit entfernten Siedlung... 8 Wochen Tagesmarsch... oder was von ihr übrigblieb.", murmelt sie leise, zuckt dann jedoch schnell die Schultern.

"Und Ihr? Woher stammt Ihr?"

"Ich?... ähm ich... also... Norden" stammelte er. Seine Kopfschmerzen waren wirklich schlimm, und er klang etwas heiser. Er massierte kurz mit beiden Händen seine Schläfen und sah der Elfe dann wieder ins Gesicht.

"Ich war früher Krieger... aber... das ist sehr lange her. Verzeiht mir Elfe, aber ich rede nicht gern über meine Vergangenheit... ich hoffe ihr versteht das."

Er versuchte zu lächeln und das gelang ihm auch recht gut. Doch die Erinnerungen an seine Heimat waren jetzt wieder da... deswegen brauchte er noch einen Becher Wein... um zu vergessen.

Schwätzer... allessamt Schwätzer... unnötiges Gebrabbel dass in seinen Ohren brannte.
Missgelaunt kam ein Geräusch, dem Knurren eines wütenden Wolfes nicht unähnlich, über seine Lippen.
Er wollte Kämpfen, wollte sich als würdig erweisen.

Ablehnend spie er die zerkauten Blätter direkt ins Feuer, eine kurze Stichflamme war die Folge. Augenblicklich wanderte ein neues Blatt in den Mund, und seine Haltung entspannte sich Augenblicklich ein klein wenig.

Bei der Stichflamme spannte sich Ísólfurs ganzer Körper schlagartig an. Das Zittern seiner Hände hörte auf, und seine Sinne waren geschärft. Seine eisblauen Augen ruhten nun auf dem Mann, der ins Feuer gespuckt hatte. Wie konnte man sich an einem Ort, an dem man Essen und Wasser bekam nur so aufführen... Unhöflichkeit war doch die größte Form der Dummheit.

Doch von alledem sagte er nichts. Er beobachtete den Mann im Stillen und füllte seinen Becher erneut mit etwas Wein....

Ungläubig blickte sie auf die Runde.
Sie hatte noch nie solche Personen gesehen. Dagegen plagte sie das Gefühl, dass ihr ein Lamm und ein Wolf gegeben worden waren. Und sie sollte den Wolf lediglich überreden, dass er das Lamm nicht fressen solle. Aber wer ist Wolf und wer ist Lamm? Oh Göttin - sollen diese Personen meinen Glauben stärken oder prüfen?
Ihr Blick glitt von dem göttlich masakrierten Krieger, über die laute Gnomin, bis hin zu dem angekommenen Manne.

"Nuuuuuuuuuuuuuun", sagt sie voller Enthusiasmus und einem großen Lächeln, hält die Mimik und überlegt sichtlich nach neuen Worten. "Werter Anbeter des Rukhna - uhm - was sind dieses eigentlich für Kräuter, die Ihr soeben esst? Also.. die gesamte Zeit?" Verunsichert blickte sie in die Runde.

Ísólfur, der bemerkte, dass die Elfe sich darum bemühte Ruhe innerhalb der Runde zu wahren, entschied sich dafür sie aufmunternd anzulächeln. Sie war immerhin nett zu ihnen allen, und gab ihnen Speis und Trank.
Er würde nicht derjenige sein, der den ersten Stein warf, und er hoffte ihr dies durch sein Lächeln mitteilen zu können.

Aus einer seiner Manteltaschen holte er eine ziemlichzerkratzte und kleine Pfeife hervor. Als er jedoch merkte, dass ihm sein Tabak ausgegangen war scheute er erneut missmutig drein.

"Werte Onyxflügel. Ich vermute ich muss euch um einen weiteren Gefallen bitten, auch wenn es mehr ist als ich verlangen darf. Aber... ihr hättet nicht zufällig etwas Tabak für einen armen Schlucker wie mich?"

Ísólfur hoffte, dass sie etwas Kraut bei sich hätte, wenn nicht, würde er wohl oder übel abwarten müssen, bis er sich wieder welchen leisten konnte.

Noch ehe Cythi 'Bei meinen spitzen Ohren' hätte sagen können, hüpfte Corikyn zu Ísólfur und grinste.
"HIER!", platzte es aus ihr heraus und sie drückte ihm einen Beutel mit einer so exotisch wie zweifelhaften Mischung in die Hand.
"Schönes Schwert habt Ihr! Habt Ihr damit schon Monster getötet? Ich glaube, ich habe irgendwo eine Politur dafür. Könnt Ihr damit jonglieren? Darf ich es mal damit probieren...?"

Leicht erstaunt blickt er die Gnomin an und lächelt dann. er nahm das PAcket dankend entgegen, und zog mit einem sirrenden Geräusch sein Schwert aus der Scheide. Auf der Klinge waren Runen zu sehen, die Verarbeitung war meisterhaft... sein ehemaliges Offiziersschwert. Er gab es Corykin und sah sie streng an.

"Seid bloß vorsichtig kleine Freundin. Es ist scharf..." und wertvoll fügt er in Gedanken hinzu.

Er stopfte das Kraut in seine Pfeife und entzündete sie mit einem Span vom Feuer... es schmeckte stark gewöhnungsbedürftig, aber er rauchte.