Das Lagerfeuer

Cythi deckte Corykin zu, als sie den Schrei vernahm. Umsichtig richtete sie die Decke über der Gnomin, bevor sie sich Ísólfur zuwendete. Langsam näherte sie sich dem Menschen und ließ sich neben ihm nieder. Die spindeldürren Finger tätschelten seinen Arm, welche zu der Flasche gegriffen hatte.

"Ruhig, ruhig, Freund.", versuchte sie im beruhigenden Ton von sich zu geben. "Du bist hier in Sicherheit. Hattest nur einen Albtraum gefangen. Nur ein Albtraum. Nichts soll Dir hier schaden."

Er setzte sich langsam auf und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. Sein herzschlag und seine Atmung beruhigtensich langsam. Danach sah er der Elfin ins Gesicht.

"Die Dämonen der Vergangenheit werden mich überall finden... immer und überall." Er atmete tief ein, um sich noch etwas zu beruhigen.
"Aber ich danke euch trotzdem für eure Freundlichkeit."

"Vielleicht eines Tages nicht mehr. Vielleicht eines Tages nicht mehr." Sie konnte seine Emotionen nicht nachvollziehen. Sie kannte keine Träume. Hatte sie oftmals andere gesehen, wie sie träumten, konnte sie diese Gefühle noch nicht einordnen. Und auch nicht die Sichtweise.

"Andere Geschehnisse vermögen das alte zu löschen, wenn die Zeit reif genug ist, loslassen zu können, werter Mensch."

"Andere Geschehnisse?... Ihr Götter, was müsste mir schreckliches Zustoßen, um Vergessen zu können..."

Die letzten Worte murmelte er mehr zu sich selbst, als zu seiner Gönnerin.

"Ich glaube ich werde jetzt wach bleiben. Dann habt ihr zumindest jemanden, mit dem ihr euch unterhalten könnt." Er versuchte zu lächeln, doch es wollte nicht so richtig klappen.

Sie lächelte nachsichtig, drückte mit der Hand seinen Arm. "Gutes ist nicht schrecklich. Benötigt Ihr etwas Wasser, um Euch zu erfrischen?"

Sie erhob sich sofort, schritt zu den Vorräten. "So Ihr müde seid, versucht gerne noch etwas Schlaf zu denken. Vergesst nicht: Hier kann nichts passieren."

"Wasser?... nun ja... Wein wäre mir lieber."

Er stand auf, undlegte die Decke akkurat zusammen. Danach setzte er sich darauf im Schneidersitz und murmelte kurz ein kleines Stoßgebet in seiner Muttersprache, bevor er sich gegen einen nahen Baum lehnte und in den Nachthimmel starrte.

"Schön, nicht wahr?" Sie brachte eine Schale Wasser und die Karaffe Wein mit zwei Kelchen.
"Ich dachte, das Wasser sei mehr zum Waschen - Ihr riecht nach Schweiß." Sie hockte sich in die Nähe von ihm, blickte zu dem Symbol ihrer Göttin. "Was seht Ihr, wenn Ihr hinauf blickt?"

"Oh, der berühmte Charme der Elfen..." Er lachte leise und und spritzte sich Wasser ins gesicht. Es war herrlich kühl und erfrischend, spülte die Erinnerungen an den Traum etwas weiter hinfort.

"Was ich sehe, wenn ich dort hinauf blicke? Nun, ich sehe die Tore zur Welt meiner Götter. Und ich sehe die Geister meiner Ahnen, die über mich wachen, und mich auf meinen Pfaden leiten und beschützen...

Und was seht ihr, Onyxflügel?"

Helsing erblickte nach seiner langen Wanderschaft im Schein des Waldes das Feuer. Zielstrebigen Schrittes ging er darauf zu ein Freund der Flammen ist auch der meinige murmelnd.
Er betrat die Lichtung und erblickte zwei Fremde, Speiß und Trank eines Gelages gleich und einen Haufen Decken.
Wie mochte er wohl auf seine neuen Freunde wirken? Gekleidet in der Farbe der Gaukler und Feuerspieler Rot und Schwarz. Er zog seine Kapuze nach hinten und ging auf die Beiden zu, darauf bedacht eine recht lockere und entspannte Haltung entgegen zu bringen.

Sie blickte zum Mond. "Meine Göttin, welche mich verließ. Hochmut wird auch bei den Elfen ungerne gesehen.", sagt sie mit Bedauern.

"Eure Ahnen? Erzählt von ihnen.", bat sie ihn. Sie wollte sich auf andere Gedanken bringen lassen.

Cythis Ohren hörten ein leichtes Rascheln. Langsam wendete sie den Kopf, blickte den neuen Besucher an. "Zum Gruße, Freund. Seid Ihr weit gereist?"

Ísólfur kam nicht dazu, Cythi zu antworten, bevor ein neuer Reisender die Lichtung betrat. Er musterte den Fremden kurz... ein Gaukler also, zumindestschien er so gekleidet.

"Ar ok Fridr. Wer hätte gedacht, dass wir mitten in der Nacht noch Besuch bekommen."

"Nun ja", begann der Halbelf das Gespräch " ich kam von dort und wollte nach da", gestikulierte er mit den Händen "und habe mich anscheinend überschätzt was die Entfernung anging. Helsing begann zu lächeln
"Erlaubt mir das ich mich vorstelle, mein Name ist Helsing, meiner Zunft Gaukler und Feuerspieler wenn's beliebt" Er deutete eine theatralische Verbeugung an" Willigt ihr zu, dass ich mich setze und das Brot mit dem euren breche? Ich habe eine lange Reise hinter mir und einen noch längeren Weg vor mir."

Mit einem Lächeln deutete Cythi auf Körbe, Schalen und Karaffen auf einem Tisch hinter dem Lagerfeuer.
"Es ist wohl nicht mehr heiß, aber sicherlich noch wohlschmeckend. Kalter Braten, Brot, Kartoffeln - werft sie ruhig abermals ins Feuer. Elfenwein und Wasser sind auch da. Greift zu, so Ihr hungrig seid.", lud sie ihn herzlich ein. "Und gesellt Euch zu uns."

"Vielen dank, ich nehme euer Angebot gerne an, und mit der Kälte der Speisen ist das sowieso so eine Sache. " , sagte Helsing schmunzelnd und nahm sich einen Braten.
Kurz fasste er ins Feuer und holte sich ein Stückchen Glut und begann seine freie Hand damit einzureiben. Leise flüsternd und seinen Blick auf die nun glühende Hand gewand, hielt er den Braten stetig wendend darüber, bis sich ein angenehmer Geruch ausbreitete.
" Es geht so ein wenig schneller als auf die herkömmliche Art" ,versuchte der Halbelf entschuldigend zu erklären.

"Ja, den Wein solltet ihr probieren... sehr süß und mit einem seltsamen Geschmack im Nachhinein, aber besser als nichts."

Ísólfur erhob sich und streckte sich kurz.

"Wenn ich es mir recht überlege, könnte ich nun auch etwas essen, ich habe es vorhin ausgeschlagen, das war wohl ein Fehler, den es jetzt gut zumachen gilt."

Helsing reichte dem Hühnen seinen aufgewärmten Braten.
" Hier bitte, ich hohl mir einen neuen- Wie war doch gleich Euer Name? Und wie kommt es das man ein so ungleiches Paar wie euch beideer musterte die Elfe hier antrifft?"
"Seid ihr etwa...? "flüsterte er dem Menschen zu und hoffte das seine Andeutung verstanden wurde

"Ísólfur heiße ich... und nein wir sind nicht." Bei dem Gedankengang des Halbelfen musste der Nordmann grinsen.

"Ich bin genau wie ihr ein Reisender, der hier Kost und Logie geniessen darf. Und der Deckenhaufen dort hinten, dass ist kein normaler Deckenhaufen. Nehmt euch davor in Acht, und versucht, die Gnomin, die darunter schläft nicht zu wecken... vertraut mir mein Freund, ich weiß wovon ich spreche."

Dankend nickend nahm er das Stück Braten und fing an zu essen. Es war etwas fahd gewürzt, aber es schmeckte.

Cythi verstand nicht recht. "Sind wir... was?", fragte sie lediglich verwundert.
"Wir wollen Euch nicht schaden, wenn Ihr dieses meint.
Sie fühlte sich sichtbar überfordert mit der Erwärmung der Speisen, die sie erblickte.

" Nein, nein, Ihr habt mich ein wenig missverstanden" , sagte der Halbelf lächelnd.
" Ich danke Euch nochmals für Eure Freundlichkeit mir gegenüber. Möchtet Ihr auch etwas?" und deutete auf die warme Mahlzeit.
" Es ist das mindeste was ich Euch anbieten kann, nachdem Ihr mich so großzügig aufnehmt." sprach Helsing zu Ende.

Sie schüttelte dankbar ablehnend den Kopf. "Versteht mich bitte nicht falsch. Ich bin nicht der begeistertste Fleischesser. Ich esse es, jedoch ziehe ich Gemüse oder die Früchte des Waldes vor.
Doch sagt mir - wie vollbringt Ihr dieses?"

"Nun ja, es ist eines meiner vielen Talente längst vergangener Tage" ,erwiederte der Halbelf " Wisst ihr, ich war nicht mein Leben lang Gaukler, ich habe, wenn's beliebt meine Bestimmung zum Beruf gemacht"

"Eure Bestimmung?" Sie stützte ihren Ellenbogen auf ihr Knie im Schneidersitz ab, legte den Kopf seitlich in die Hand. "Ich verstehe dieses nicht ganz, muss ich gestehen. Seid Ihr ein Kleriker, wie so viele? Ein Priester?"

Bei dem Wort Priester musste Ísólfur lächeln. Dieser Mann machte auf ihn sehr viele Eindrücke, aber er wirkte in keinster Weise auchnur annähernd wie ein Priester.
Er lies sich den Braten schmecken und als er fertig war, setzte er sich näher ans Feuer, und starrte in die Flammen, dem restlichen Gespräch aber aufmerksam folgend.

"Nein, nein" , begann Helsing "ich bin weder ein Priester, noch ein Kleriker. Meine Berufung ist das Feuer und die Flammen. Für die einen der Tod und die Zerstörung für die anderen ein Neubeginn und Erneuerung."
Er wanderte mit der Hand über eine Grasnarbe und lies sie unter leichtem Säuseln zu Asche werden
"Ich bin einer der wenigen meines Volkes die in der Lage sind das Feuer zu lenken. Ich weiß nicht wie es dazu kam, aber ich verstehe das Feuer und das Feuer versteht mich. "
Er blickte zu der Grasnarbe, in welcher sich ein neuer Sämling zu regen begann.

Sie war fasziniert, als sie das neue Grün erblickte. Sie kannte nur Asche. Asche und Tod als Konsequenz des Feuers. Aber Leben?

"Wie ... wie kann das sein? Wie kann es leben unter der Asche, die nichts zum Leben übrig lässt?", fragte sie verwundert.