Das Lagerfeuer

"Und dennoch hatte er Euch geholfen.", gab sie zu bedenken.
"War seine Situation derart auswegslos? Wer gerne tötet, kennt meist den Wert des eigenen Lebens nicht. So muss er an Euch etwas gehabt haben, Euch am Leben zu lassen. Selbst als Ihr ihm den Rücken zuwandet."
Ihr Blick fiel auf seine Arbeit, die mehr zu sein schien, als bloßes Abreagieren der Klinge. Ja, sie konnte gar das Geschick erkennen, das Ihr zuvor wie wahllose Bewegungen erschien. Was mochte das sein? Ein Dachs?

Sie schaute auf den Bruder, welcher sich anscheinend zurückhielt. Lauschte er selbst den Geschichten? Oder hatte sie ihm das Wort weggenommen?

Ohne den Blick von seiner Arbeit zu heben, erzählte er weiter...

"Die Antwort ist eigentlich ganz einfach... Er fand mich interessant.
Er hatte noch nie zuvor einen Zwerg gesehen, und war offensichtlich von meiner unüblichen Kampftechnik ziehmlich beeindruckt. Ich möchte mir nicht ausmalen was passiert wäre, wenn ich langweilig geworden wär...."

Die Formen wurden nun deutlich sichtbar. Vier Läufe, eine längliche Schnautze, relativ plump und ein Schwanz, der wohl sehr buschig und kurz werden sollte... Ein Dachs könnte gut hinkommen... vielleicht aber auch ein dicker Fuchs?

Ein Rascheln erklingt aus dem naheliegenden Geäst: Vieleicht nur ein Tier, ein Dachs...das wäre doch ein Zufall! Nachdem ihr einige Augenblicke ruhig und ohne weitere Worte gewartet habt tritt ein großer Schatten auf euch zu. Im Schein des Feuers wird seine Gestalt klar sichtbar: Ganz offensichtlich steht ein Mensch vor euch. Er trägt abgetragene Wandererkleidung ohne jedwegen Schmuck, sowie einen zerfransten Reisemantel. Für einen Menschen ist er relativ groß und kräftig. Sein Gesicht ist mit einem Bart geschmückt, der an einigen Stellen zusammengeknotet ist, außerdem sieht man dem Mann an, dass er für einige Zeit in der Wildniss unterwegs war. Da ihr euch mit dem Alter der Menschen nicht direkt auskennt schätzt ihr ihn auf ungefähr 30-40 Menschenjahre.
Langsam tritt der Mann auf eure Gruppe zu und hebt eine Faust zum Gruße

"Gegrüßt seid ihr Wanderer, ich bin erschöpft vom langen Reisen und erblickte euer wohliges Feuer. Ob ihr mir die Ehre zuteil lassen würdet meine Hände an dem Feuer zu wärmen und mein Essen zuzubereiten?"

"Dieses erscheint mir..." Sie konnte ihre Worte nicht zu Ende bringen, als sie den Hühnen von einen Menschen offensichtlich anstarrt. Selbst im Stehen würde seine Gestalt die ihrige bei weitem überragen.

Doch im Sitzen scheint es für sie um so gewaltiger, dass sie nichts weiter auszudrücken vermag als ein Eingeschüchtertes: "Ähhh..... ääääääääääähhhhhhhhh...."

Überraschend aus seinen Gedanken geschreckt greift der Zwerg instinktiv nach seiner Waffe. Aus den Worten des Menschen entnimmt er aber, das ihm wohl keine unmittelbare Gefahr droht und legt seine Bartaxt zurück, lässt aber angesichts der hünenhaften Gestalt die Hand darauf liegen. Das gravierte Axtblatt schimmert matt im Schein des Lagerfeuers. Als er sich wieder gefangen hat räuspert er sich kurz.
"Wenn ihr in friedlichen Absichten gekommen seid wird euch unsere Gastgeberin, Miss Cythi, wohl den Platz nicht verwehren." Er rückt ein wenig zur Seite, um für den Menschen Platz zu machen. "Mein Name ist Glângaw Düsterklinge. Und wie werdet ihr genannt?"

Als er erkannte, dass an dem Feuer, das er schon eine Weile beobachtete, ein weiterer Mann ankam, fasste er sich ein Herz und trat leise auf die Lichtung. Um nicht unhöflich zu erscheinen, blieb er am Rand stehen und verbeugte sich nach Art seines Landes. Der Anblick der sich ihm bot war ihm völlig fremd. Dort saßen zwei Männer mit Waffen... doch sie waren nur halb so groß wie er. Und eine Frau?... ja sie schien eine Frau zu sein... doch warum hatte er das Gefühl, dass sie alle keine Menschen waren? Er bemerkte, dass er einige Sekunden das Gesicht der Frau anstarrte, und blickte sofort entschuldigend zu Boden. Er suchte einige Sekunden nach den richtigen Wörter in der Sprache dieses Landes, die ihm immer noch etwas schwer fiel.

"Verzeiht mein plötzliches Auftauchen. Mein Name ist Pan Thei... ich... ich wollte euch nicht belästigen, es ist nur so: Der Geruch von gebratenem Fleisch hing in der Luft, und ich hoffte, mich etwas an eurem Feuer wärmen zu dürfen... aber natürlich nur, wenn ihr nichts dagegen habt."

Er wusste, dass seine Erscheinung für diese Leute lächerlich wirken musste, und er hoffte, sie würden ihn nicht attackieren. Zur Not konnte er sich wehren, aber warum sollten sie ihn angreifen. Aber vielleicht hatte er ja jetzt schon gegen eine ihrer Sitten oder Riten verstoßen, von denen er nichts wusste. Er musste unbedingt mehr über dieses Land lernen.

"Ihr habt Hunger?", fragte Cythi und erhob sich sofort. "Nehmt Euch doch. Es ist wahrlich genug und ausreichend vorhanden. Tretet ruhig näher. Das Feuer ist für alle da, so Eure Absichten friedlich sind?"

Sie hielt in ihrer willkommenden Geste inne, blickte ihn fragend an.

Wieder verbeugte er sich mit gefalteten Händen und kam etwas näher. Schüchtern setzte er sich und nickte allen anderen Anwesenden zu.

"Ich danke euch vielmals für euer Angebot."

Verstohlen schielte er auf die Waffen der beiden kleinen Männer... er hasste Waffen... verabscheute sie, doch er würde nie jemandem verbieten welche zu führen, auch wenn er es nicht gut heißen konnte.

Als er den Seitenblick des Mannes auf seine Axt bemerkte, schwoll die Brust des Zwerges ein wenig vor Stolz an. "Meine Waffe hat es euch wohl angetan, was? Sie ist auch wirklich ein wahres Prachtstück. Unter uns, ich würde mich auch nach so etwas sehnen, wenn ich nichts als ein bisschen Stoff am Leibe hätte" sagte er leicht abwertend. Aber dieser Mensch war auch wirklich komisch. Wie kommt man auch auf die Idee, mitten in der Wildnis mit nichts als einer Hose herum zu spazieren?

"Nein... ich.. also... es ist bestimmt eine sehr schöne Axt, ihr habt recht. Aber ich sehne mich nicht nach materiellem Besitz. Aber ihr braucht sie sicher, um euch zu wehren, daher freue ich mich für euch, dass ihr eine derart edle Waffe besitzt."

Der abwertende Unterton fiel ihm auf, aber er störte sich nicht daran. Er war schlimmeres in diesem Land gewohnt. Ein schüchternes Lächeln kam über seine Lippen... er wollte diese Leute, die ihm großzügig Nahrung und ein warmes Feuer anboten auf keinen Fall verärgern.
Er senkte seinen Blick wieder schüchtern auf seine Arme, auf denen der Feuerschein feine Schatten an den Ritualnarben zeichnete. Er fragte sich immer noch wieso diese Männer so klein waren, doch er traute sichnicht, sie zu fragen... vielleicht verärgerte er sie damit. Und komplett unwissend da stehen wollte er auch nicht.

Verwundert stellte Glângaw fest, dass der Mann trotz seines Spotts höflich blieb. Wo dieser seltsame Mensch wohl herkam?
"Dann sehnt ihr euch nach geistlichem Fortschritt? Das kann ich verstehen, ich sehe mich selbst auch als Erforscher. Aber wie man auch ist, ein jeder Zwerg benötigt eine anständige Waffe."

Spätestens, nachdem sie Ärger in ihrer Kneipe angezettelt haben. Cythi konnte sich ein Grinsen bei dem Gedanken nicht verkneifen.

"Wer Ärger sucht, der wird ihn finden. Doch Harmonie lässt sie uns nur als Symbol tragen, auf dass sie nie verwendet werden und gar missbrauchen möge." Sie strich liebevoll über ihren Bogen. Er wirkte beinahe wie neu, unverbraucht.

Mit erhobener Augenbraue sprach der Zwerg "So tragt ihr eine Waffe bei euch und sprecht trozdem als würdert ihr sie nicht gebrauchen?"

"Nicht, wenn es sich vermeiden lässt.", bestätigte die Elfe.
"Und nie für den Tod."

"Es gibt genügend andere Methoden..." murmelte Pan mehr zu sich selbst, bevor er lächelte, als er merkte, dass nicht nur er eine solche Meinung zu Waffen hatte.

"Ich... ich habe eine Frage. Ihr sagtet gerade das Wort... ähm... Zwerck? Was ist ein Zwerck?"

Er wusste, dass er nun grenzenlos dumm dastehen würde, doch sein Wissenshunger war größer als seine Scham.

"Das da drüben ist ein Zwerg." Sie nickte zu den Brüdern und war stolz darauf, es selbst zu wissen.

"Und einige Zwerge rasieren sich. Dann nennt man sie Gnome.", sagte sie noch stolzer.

"Achso... " erschrocken drehte er sich zu dem kleinen Mann und legte die Handflächen aneinander und beugte den Kopf.

"Verzeiht, dass wusste ich nicht... ihr seid also ein ZwerG?... aber was hat ein Bart mit der Namensgebung zu tun? Wollt ihr kein Gnom sein, oder warum rasiert ihr ihn euch nicht ab?"

Dieser Mann erinnerte ihn schwach an eine Sage die er von seinen Meistern erzählt bekommen hatte. Die Koborokuru, kleine stark behaarte Männchen würden wohl auch in seiner Heimat leben, doch gesehen hatte er noch nie einen, und diese Männer waren zwar klein, aber für einen Koborukuru immer noch zu groß.

Verdutzt schaute er die Elfe an. Wie kam sie zu der Annahme, die stinkenden Gnome seien mit den Zwergen verwandt?
"Frau Cythi ich muss euch enttäuschen, das einzige was Gnome und Zwerge-ja Hose, ich bin ein Zwerg-gemeinsam haben, ist, dass sie stark mit der Erde verbunden sind und diese unterirdisch bevölkern. Doch während wir edle Zwerge ganze Festungen aus dem Stein schlagen und edelste Waffen schmieden, verkriechen sich die Gnome in verlassenen Stollen und freuen sich um jeden verlorenen Kupferring den eins ein Zwerg ob seiner Wertlosigkeit weg warf." So redete er sich wahrlich in Rage.
"Und was den Bart angeht.. Wir Zwerge legen größten Wert darauf ihn zu hegen und zu pflegen. Wenn ein Zwerg ein sehr schweres Verbrechen begeht, wird er manchmal dazu verdammt sich den Bart zu rasieren. Dann darf er erst wieder unter den anderen Leben, wenn er wieder so lang wie sein Axtstiel ist.
Und übrigens, Gnome haben gar keinen Bart, ob sie wollen oder nicht. Sie sind fast überall behaart, nur einen Bart bekommen sie nicht. Mich hat die Vorstellung schon immer belustigt."

Erst jetzt fiel Glângaw auf, dass der Mann anscheinend gar keine Zwerge kannte. "Darf ich fragen, Pan Thei, woher ihr eigendlich kommt?"

"Ich?...also, ich komme aus einem sehr fernen Land. Ganz anders als hier. Die Natur sieht vielleicht zum Teil gleich aus, aber die vielen Lebewesen die hier leben gibt es bei uns nicht... selbst die Menschen sehen hier anders aus.

Aber erzählt mir doch etwas von eurem Volk. Ich kenne es wirklich nicht, aber ich würde gern lernen. Ihr erwähntet Hallen aus Stein? Lebt ihr dort etwa?"

Interessiert drehte er sich mehr zu dem Zwerg und lauschte ihm... bisher hatte er jedes seiner Worte wie ein Schwamm aufgesogen.

"Hm... Mist... diese Karte muss falsch sein... hier irgendwo müsste es doch sein... nein Moment... vielleicht... nein auch nicht... ach verdammt, und dafür hab ich auch noch 5 Silberlinge bezahlt..."

Eine kleine, junge Frau stolperte auf die Lichtung. Unter dem ganzen Krempel und den unzähligen tschen konnte man nur noch einen braunen wirren Haarschopf erkennen. Sie redete mit sich selbst, doch als sie den Feuerschein und die Leute darum herum erkannte, verstummte sie augenblicklich.

Nach einigen Sekunden verwirrten Starrens, fing sie sich und trällerte fröhlich drauf los.

"He da, seid gegrüßt. Sagt, ihr habt nicht zufällig den Eingang in eine verlassene Trollhöhle hier gesehen?"

Ohne zu fragen kam sie auf die Leute zu und setzte sich neben den Zwerg mit der Axt.

"Wisst ihr, ich bin nämlich gerade dabei sie zu finden, aber irgendwie muss meine Karte falsch sein. Unverschämtheit, der Händler garantierte mir ihre Echtheit... naja egal. Ich bin Vyridia, und ihr?"

Pan war zwar komplett irritiert vom Auftauchen der Frau, doch höflich grüßte er sie nach Brauch seiner Heimat, und zog es vor, ihren scheinbar gewaltigen Redefluss nicht zu stören. Sie konnte ja nicht wissen, dass sie sich gerade unterhalten hatten... er war ihr nicht böse... er konnte auch später noch genug über die Zwerge erfahren.

"Also sind Gnome Zwerge, denen aus lauter Furcht die Haare ausfallen und nicht nachwachsen...", murmelte Cythi laut nachdenkend.

Dann schaute sie auf. "Drollhöhle? Was? Hier? Doch nicht hier." Sie war sich ganz sicher, dass hier keine Drollhöhle war. Halbwegs sicher zumindest. Hier war zumindest keine Höhle. Und sie waren auch keine Drolle. Hatte sie Drolle gesehen?
"Entschuldigt bitte, wie sehen Drolle aus?"
Sicher sahen sie drollig aus. Waren Drolle vielleicht Kaninchen?

"Trolle... naja... ziemlich groß, ziemlich hässlich... aber ist ja eigentlich auch egal. Die Höhle soll ja verlassen sein, und ich suche sie. Ich weiß, ich weiß, in Trollhöhlen findet man selten etwas, und wenn sie verlassen ist, haben sie bestimmt alles mitgeschleppt, was sie erbeutet haben, aaaaaber, es könnte ja sein, dass diese Höhle der Eingang in einen viel älteren Höhlen-, oder gar Tempelkomplex ist, versteckt durch einen geheimen Zugang. Und in solchen Grotten findet man vielerlei Dinge... Gold, Schätze, Waffen, Mineralien, alte Schriftstücke... stellt euch nur mal vor: längst vergessene Kulturschätze von unschätzbarem Wert. Und genau sowas versuche ich zu finden.
Aber ich rede schon wieder viel zu viel... ich bin schon ruhig."
...
"Kann ich was von dem Fleisch haben?"

Ein fröhliches, kindisches Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht.

Pan wusste immer noch nicht, wie er auf die junge Frau reagieren sollte. Er hatte noch nie viel mit Frauen zu tun gehabt, und fast jede Frau verunsicherte ihn, obwohl sie ihn auch interessierten.
Diese schien sehr gern und sehr viel zu reden, also hörte er aufmerksam zu. Sie schien etwas wie eine Schatzsucherin zu sein... das klang sehr interessant, doch er fragte sich, wie jemand wie diese Frau sich den Gefahren der Schatzsuche stellen konnte... er musste einfach noch mehr zuhören. Er bemerkte nicht, dass seine Augen die ganze Zeit über das Gesicht der Neuen anstarrten.

"Ja, ja... nehmt Euch, nehmt Euch."
Hört sich nicht drollig an...

"Uuuund... das sollte hier sein?"
Ob die Dame ein Halbzwerg ist? Nein, kein Bart. Also kein Zwerg. Aber für einen Gnom zu mutig. Dann wahrscheinlich doch ein Mensch?

Cythi grübelte deutlich beim Anblick der Frau, wirkte nachdenklich.